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Mallinckrodt-Schülerin veröffentlicht Artikel in der F.A.Z.

(Berühren für Vorschau)

Der Leistungskurs Soziwalwissenschaften der Q1a unter Leitung von Herrn Steinhüser nimmt in diesem Schuljahr am Projekt „Jugend und Wirtschaft“ des Bundesverbandes deutscher Banken und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung teil. Im Rahmen dieses Projekts schreiben die Schüler zwei Wirtschaftsartikel über Unternehmen und ihre Produkte. Barbara Steffen ist es gelungen, einen sehr gut recherchierten Artikel im Wirtschaftsteil der  F.A.Z. in der Ausgabe vom 01.03.2012 zu veröffentlichen. Die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses, der Leistungskurslehrer und der Schulleiter gratulieren Barbara zu dieser gelungenen Leistung.

Den Artikel im Original finden Sie hier »


Die Warterei kann einen krank machen

Notaufnahmen sind für die Kliniken ein Zuschussgeschäft. Mit einem neuen Konzept steigert ein Hamburger Krankenhaus die Effizienz – und macht noch mehr Defizit.


Barbara Steffen
Mallinckrodt-Gymnasium, Dortmund

Wartezeiten auf unbestimmt, darauf muss man in einer Zentralen Notaufnahme (ZNA) gefasst sein, und das ausgerechnet in Situationen, wo man wegen seines Gesundheitszustandes verunsichert ist. Das könnte nun vorbei sein. Das in der Asklepios Klinik in Hamburg-Altona eingeführte Konzept First View verspricht jedem Patienten der ZNA Facharztkontakt innerhalb von 15 Minuten. Direkt im Empfangsbereich schätzt eine erfahrene Pflegekraft den Fall nach Schwere ein und weist den Patienten unmittelbar dem ZNA-Facharzt zu. Der Facharzt, in der Regel ein Oberarzt, überprüft die Ersteinschätzung, stellt die notfallmedizinische Verdachtsdiagnose und übergibt den Patienten an den behandelnden Assistenzarzt. Das zunächst verblüffende Konzept, die Erfahrensten direkt an den Anfang der Behandlungskette zu stellen, hat sich bewährt: Kritische Fälle werden früher erkannt und Fehlverteilungen sowie unnötige Zusatzuntersuchungen vermieden.

Damit gelingt es sogar, die Kosten je Patient zu senken. Trotzdem ist First View isoliert betrachtet ein wirtschaftlicher Flop: Die gesetzlichen Sätze für eine Behandlung in der ZNA sind so gering, dass sie selbst nach dieser Optimierung der Abläufe bei Weitem nicht kostendeckend sind. Laut Barbara Hogan, der Initiatorin von First View und Chefärztin der ZNA des Asklepios Krankenhauses, ist es noch extremer: „Der Patientenzuwachs hat die isoliert betrachtete Gesamtbilanz der ZNA im Asklepios Krankenhaus in Hamburg sogar verschlechtert.“
Denn das vom Gesetzgeber festgelegte Vergütungssystem ermöglicht zwar den Krankenhäusern, Schwerkranke kostendeckend zu behandeln. Patienten mit leichten Verletzungen oder Erkrankungen müssen hingegen als Teil des Sozialauftrages teilweise mit Verlust in den Notaufnahmen behandelt werden. First View gibt Krankenhäusern die Möglichkeit, dieser Aufgabe gerecht zu werden, ohne dass Patienten, die unter weniger ernsten Beschwerden leiden, einfach weggeschickt oder erst nach stundenlangen Wartezeiten behandelt werden. „Die schwerkranken Patienten, die auch wirtschaftlich wichtig für die Krankenhäuser sind, werden schnell identifiziert, und eine Behandlung kann innerhalb der begrenzten Zeit, die die Gesetzgeber erlauben, angefangen werden“, sagt Hogan. „Patienten, die unter gering bedrohlichen Beschwerden leiden, werden aber auch schnell identifiziert und zügig ohne sehr lange Wartezeiten behandelt.“
Dazu kommt für die Klinik laut Manoj Singh, leitender Oberarzt der ZNA der Asklepios Klinik, nebenbei noch ein kontinuierlicher Ausbildungseffekt: „Da die Fachärzte selbst die Voruntersuchungen führen, können sie Fehleinschätzungen der Triagekraft direkt korrigieren und bei Rückfragen über Patienten unmittelbar Hilfestellung leisten. So profitieren die Pflegekräfte und Assistenzärzte während der Arbeit von den Erfahrenen.“

Die Wartezeit lag 2008 im Schnitt bei 48 Minuten, zwei Jahre später mussten die Patienten nur noch 11 Minuten warten. „Der frühe Arztkontakt ist für den Patienten sehr wichtig. Denn nur der Arzt kann dem Patienten wirklich das Gefühl von Sicherheit vermitteln“, sagt Jens Mersmann, leitende Pflegekraft der ZNA. Singh ergänzt: „Ohne First View und die dadurch verringerten Wartezeiten hätte man mehr Unruhen und damit einen höheren Stresslevel, da die Patienten sich nicht bewusst wahrgenommen fühlen. Das überträgt sich auf die behandelnden Ärzte und Pflegekräfte und beeinträchtigt die Effizienz ihrer Arbeit.“ Durch First View gingen die Beschwerden um 90 Prozent zurück. Im Jahr 2011 konnte man mit einen kaum vergrößerten Team knapp 59000 Patienten behandeln, etwa 58 Prozent mehr als im Jahr 2004.

Der Erfolg von First View hat Geschwister: In den Vereinigten Staaten, wo etwa in New York Durchschnittswartezeiten von 6 Stunden keine Seltenheit sind, heißt eine ähnliche Vorgehensweise „Straight back“, dabei werden die Patienten schnellstmöglich in die inneren Behandlungsräume geführt. Am William Beaumont Hospital in Royal Oak, ein Krankenhaus mit einer Notfallaufnahme, die etwa 100000 Patienten im Jahr hat, führte das zu einer Verringerung des Patientenanteils, der auf eine Behandlung aufgrund der langen Wartezeiten verzichtet, von 4,5 auf 0,5 Prozent. Das führte zu Jahresmehreinnahmen von 40 Millionen Dollar.

Dass die ZNA trotz der deutlich höheren Effizienz des First View auf Zuschüsse der anderen Abteilungen des Krankenhauses angewiesen ist, liegt am Abrechnungssystem. Medizinische Leistungen werden in Deutschland nicht nach den tatsächlich angefallenen Kosten, sondern nach Fallpauschalen vergütet. Die konkrete Abrechnung erklärt Gundo Zieres, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz, der Controllinginstanz des Landes oberhalb der Krankenkassen: „Für die ZNA gilt eine Grundpauschale von 15,58 Euro, die Arztkontakt, Diagnose, Blutentnahme, EKG-Monitoring und Arztbrieferstellung nicht nur einmalig, sondern für ein ganzes Quartal je Patient abdeckt. Erst bei Zusatzleistungen wie Nähen einer Wunde sind weitere 12,78 Euro abrechenbar. Statistisch gesehen kommt es so im Mittel zu etwa 25 Euro je behandeltem gesetzlich versicherten Notfallpatienten. Das deckt nicht einmal die Hälfte der tatsächlichen Kosten.“ Zieres sagt aber auch, wie die Rechnung trotzdem aufgehen kann: „Die isolierte Betrachtung der ZNA ausschließlich unter Kostengesichtspunkten greift zu kurz. Unter Kriterien des Qualitätsmanagements betrachtet ist es richtig und sinnvoll, zu Beginn der Prozesskette Ressourcen zu investieren, um Folgefehler zu vermeiden und eine möglichst zielführende Behandlung und Versorgung zu ermöglichen. Diese Prozessoptimierung kann bei einer Analyse der gesamten Prozesskette Ressourcen einsparen und nicht nur zu einer Erlösoptimierung des Krankenhauses beitragen, sondern auch die Patientenversorgung verbessern.“

Die Notwendigkeit eines solchen ganzheitlichen Ansatzes sieht auch Andreas Schmid, Chirurg und ärztlicher Direktor des DRK-Krankenhauses Mölln/Ratzeburg: „Heutzutage können einzelne Bereiche der Wertschöpfungskette in der Patientenversorgung nicht isoliert betrachtet werden, da das Wertschöpfungspotential einer Klinik von einer optimalen sektoren-, fach- und funktionsgruppenübergreifenden Steuerung und einer starken Teamorientierung der Prozesse abhängt. Beispielsweise konnten in einem voll integrierten, sektorenübergreifend gemanagten Versorgungsmodell ,Gesundes Kinzigtal‘, das seit 2005 betrieben wird, die Ausgaben der AOK um mehr als 100 Euro im Jahr je Versichertem gesenkt werden, und dies bei nachweislich verbesserter Versorgungsqualität. Die ZNA ist die Visitenkarte des Krankenhauses, um unter Marketingaspekten die elektiven Patienten anzusprechen, welche man in der Klinik behandeln möchte.“

Tatsächlich unterstützt Professor Andrea Braun von Reinersdorff, Spezialistin auf dem Gebiet Krankenhausmanagement an der Hochschule Osnabrück, diese Sichtweise auch vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt: „Abgesehen vom Versorgungsauftrag einer ZNA (die gesetzliche Hilfeleistungspflicht nach Paragraph 323c Strafgesetzbuch) erfüllt diese eine wichtige Marketing- und PR-Funktion, weil über sie in vielen Fällen der Erstkontakt zum Krankenhaus hergestellt wird.“ Für die Gesamtwahrnehmung des Patienten von der Krankenhausqualität im Ganzen werden damit Leistungsparameter wie Service, Wartezeiten und Empathie des Personals wichtig. Eine entsprechende Befragung der Patienten in der Asklepios Klinik im Februar 2011 spricht für First View: 78,4 Prozent der Patienten sind mit der Behandlung zufrieden, und 76,2 Prozent würden diese Notaufnahme weiterempfehlen.

Was das aber konkret in Zahlen bedeutet, ist nach Professor Christoph Rasche, Gesundheitsökonom an der Universität Potsdam, schwer auszumachen. „Derzeit werden Prozesskostenmodelle entwickelt, um die ökonomischen Wertbeiträge einer ZNA im Gesamtkontext zu isolieren, weil diese sonst leicht nur als Kostenfaktor gesehen wird. Voraussetzung hierfür sind Modelle der internen Leistungsverrechnung über die DRG-Kalkulation (Diagnosis Related Groups) oder eine adäquate und leistungsgerechte Abbildung der ZNA im Fallpauschalen-System. Zudem sollten die ZNA und das Zentrale Patienten-Management stärker vernetzt werden, um Notfälle und Hybridfälle im Gesamtsystem Krankenhaus besser zu synchronisieren.“ Diese Kostenmodelle sollen dann als Basis dafür dienen, das durch Hippokrates-Eid und Gesundheitsreform charakterisierte derzeitige Dilemma der ZNA zu lösen: wachsende Patientenanstürme besser, schneller und mit hoher Qualität bei einem nicht annähernd kostendeckenden Abrechnungssystem zu behandeln.

Symbolfoto: Arno Bachert  / pixelio.de

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