Hitzige Debatten über aktuelle weltpolitische Herausforderungen, über 80 Jugendliche aus ganz Europa und ein vielseitiges Rahmenprogramm – der internationale Workshop „Model United Nations“ in Bad Homburg (MUN) war ein voller Erfolg. Vom 7. bis 11. Februar 2025 nahmen zehn Schülerinnen und Schüler des Mallinckrodt-Gymnasiums gemeinsam mit Frau Bullmann und Herrn Dr. Nehl an der innovativen Veranstaltung teil. Organisiert wurde MUN bereits zum dritten Mal von UCAPE, einer internationalen Vereinigung von Privatschulen, in Zusammenarbeit mit der Wellington School in Ayr, unserer schottischen Partnerschule. Im folgenden Bericht fassen Emilia Beckschulte und Anna Krüger (beide Q2) ihre Erlebnisse zusammen:
„And this resolution has passed!“ – das war wohl der Satz, auf den wir alle gehofft und hingearbeitet haben. Die Erleichterung, wenn einem bewusst wird, dass nun endlich alles in trockenen Tüchern ist, bleibt einem noch lange im Gedächtnis. Stunden um Stunden saßen wir in unseren einzelnen committees und haben an den verschiedensten Themen gearbeitet. „Schön immer in der Rolle bleiben!“ hieß es – auch wenn die israelische Delegierte plötzlich pro Palästina war oder man insgeheim plante, den eigenen chair oder gleich alle zu stürzen. Man musste lernen, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Plötzlich vertrat man nicht mehr die eigene Meinung, sondern die Interessen eines Landes, das man vorher vielleicht kaum beachtet hatte. Man diskutierte über Menschenrechte, Gesundheit oder internationale Sicherheit – und merkte dabei, wie komplex die Weltpolitik wirklich ist. Vorbereitung und Recherche waren hierbei das A und O.
Doch was ist MUN überhaupt? Wie der Name schon vermuten lässt, simuliert dieser Workshop UN-Konferenzen. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen dabei die Rollen von UN-Delegierten, die verschiedene Länder vertreten. Gemeinsam debattieren wir über globale Themen in englischer Sprache und erarbeiten Resolutionen, finden Kompromisse und können die Mechanismen der internationalen Politik hautnah erleben. Damit alles möglichst realistisch bleibt, durften wir uns während der Konferenzen auch nur mit honorable delegate und honorable chair ansprechen, um denselben Respekt und dieselbe Höflichkeit von echten Delegierten nachzuspielen. Noch dazu gab es sogar einen strengen Dresscode – business attire war Pflicht. Sneakers, Jeans oder Hoodies während einer Konferenz? Fehlanzeige! Stattdessen liefen wir in Anzügen, Blazern und schicken Kleidern durch die Konferenzräume, als wären wir tatsächlich Teil einer richtigen UN-Konferenz.
Dieses Jahr gab es außerdem eine besondere Premiere: Zum ersten Mal wurde eine sogenannte General Assembly Debate abgehalten. Das bedeutete, dass nicht nur in den einzelnen committees diskutiert wurde, sondern alle Delegierten gemeinsam in einer großen Sitzung zusammenkamen und eine Resolution zu einem Thema finden mussten, auf welches wir uns in keiner Weise vorbereiten konnten. In wenigen Stunden mussten wir Allianzen schließen, zusammen Kompromisse finden und Unterschriften von anderen Ländern sammeln. Ein riesiges Durcheinander? Vielleicht ein bisschen. Aber es war auch beeindruckend zu sehen, wie so viele Länder ihre Standpunkte präsentierten und versuchten, eine Lösung zu finden.
Aber „Model United Nations“ in Bad Homburg (HESMUN) ist noch viel mehr als das. Es geht nicht nur um das bloße Diskutieren und Umherwerfen von Fakten, damit das eigene Land möglichst gut aus der Sache herauskommt. Vielmehr geht es um das Knüpfen neuer Freundschaften oder das Wiedersehen mit vertrauten Gesichtern. Es geht um all die lustigen Momente und die vielen witzigen Insider, die oft allein durch Missverständnisse zwischen den verschiedenen Sprachen entstanden. Neben den Konferenzen, dem äußerst professionellen Lobbying zwischen den Ländern und dem leckeren Essen in der Jugendherberge wurden wir fast schon gezwungen, neue Kontakte zu knüpfen. Schließlich waren die Zimmer so aufgeteilt, dass möglichst jedes Land von einem anderen Lernenden repräsentiert wurde. Dasselbe galt übrigens auch für die Freizeitaktivitäten, wie eine Selfie-Tour durch Bad Homburg oder ein Quiz über unsere Heimatländer: Jugendliche aus ganz Europa – von Frankreich über Belgien bis Schottland – fanden sich in bunt gemischten Teams zusammen. Immer wieder lustig war es, wenn man sich an den Frühstückstisch setzte und auf Englisch zu sprechen begann – ohne zu wissen, dass alle anderen am Tisch ebenfalls Deutsche waren, nämlich Schülerinnen und Schüler aus Bayern. („Sooo, where are you from?“ – „Oh, I’m from Germany.“ – „Really? Me too!“ – „Wait, why are we still speaking English?“).
Eine weitere Neuheit des diesjährigen Workshops war auch die Gelegenheit, Frankfurt zu besuchen. Ein Highlight stellte der Besuch der Europäischen Zentralbank dar, wo wir nicht nur spannende Einblicke in die Finanzwelt bekamen, sondern uns auch in einem Kahoot-Quiz beweisen konnten (und ja, der Ehrgeiz war dabei mindestens genauso groß wie in den Debatten). Danach blieb noch Zeit, um die Stadt zu erkunden – perfekt, um mal aus dem Diplomaten-Modus herauszukommen und Frankfurt zusammen mit seinen internationalen Freunden zu entdecken.
Und dann waren da noch die Momente, in denen man über sich selbst hinauswuchs. Wenn man plötzlich vor dem gesamten Komitee stand und sein position paper vorlesen musste. Oder wenn man in einer hitzigen Debatte einen Kompromiss fand, der alle zufriedenstellte – sofern das überhaupt möglich war. Während der gesamten Zeit dort konnte man sich weiterentwickeln, sei es im Debattieren, in der Problemlösung oder im sozialen Miteinander. Diese Erfahrungen prägen nicht nur die Zeit bei HESMUN, sondern auch das Leben danach. Und ich denke, wir alle können sagen, dass wir viel über Politik, verschiedene Kulturen und uns selbst gelernt haben.
HESMUN 2025 war ein voller Erfolg – voller spannender Diskussionen, unvergesslicher Momente und neuer Freundschaften. Als Q2-Schülerinnen und -Schüler sind wir nun leider zu alt, um im nächsten Jahr wieder als Delegierte teilzunehmen und die Welt, in der wir die Länder repräsentieren, ein kleines bisschen besser zu machen. Wenn wir es könnten, würden wir auch ein erneutes Jahr bei MUN mitmachen wollen. Aber wir werden immer mit einem Lächeln an unsere Zeit in Bad Homburg zurückdenken. Egal, ob es unser erstes Mal dort war oder wir schon mehrmals teilgenommen haben – dieses Erlebnis wird uns wohl immer in Erinnerung bleiben.